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Mittwoch, 26. Oktober 2011

CE Spielzeug und Stoffe

Ein sehr leidiges Thema gerade bei der Produktion von Spielzeug unter Verwendung von Stoffen oder Füllmaterialien in Kleinserien ist die Verwendung unterschiedlicher Stoffe in einer Baureihe eines Spielzeuges.

Da sind vielleicht noch Stoffmengen vorhanden, die gern verarbeitet werden sollen oder eine Kundin wünscht genau einen bestimmten Stoff, aber hier eine aufwendige Analyse durch zuführen sprengt fast immer jeden zumutbaren Rahmen.

Aber auch beim Beschaffen neuer Stoffe die den Anforderungen der EN 71 genügen sollen, gibt es nicht wenige Probleme. Es gibt zwar jede Menge Labels und Zertifikate, aber bisher nicht ein Label für Stoffe, dass ausdrücklich sicher die EN 71 erfüllt. (Anfragen bei Stoffherstellern sind da fast immer frustrierend)

Die bekannten Qualitätszeichen wie z.B. Oeko-Tex oder GOTS haben in ihren Zulassungskriterien leider zum Teil andere Parameter, bzw. andere Grenzwerte. Barium und Selen z. B. sind in den Vorgaben der EN 71 für Spielzeug enthalten, bei der Oeko-Tex fehlen diese Parameter und beim GOTS wird nur das Selen genannt. Dazu kommt noch das die Analytik von Barium nicht so einfach ist.
Weiterhin werden bei diesen Labels teilweise auch Farbstoffe verboten, die möglicherweise dann indirekt eine Reduktion z.B. des Bariums bewirken können, weil das Barium zwar nicht in der Farbe war, aber bei einem nachgeschalteten chemischen Prozess eingesetzt wurde.

Auf der anderen Seite haben die beiden oben ganannten Labels Grenzwerte und Verbote für bestimmte Chemikalien in ihren Ausschlusskriterien, die in der EN 71 überhaupt nicht erwähnt werden und sind damit aus meiner fachlichen Sicht sicher insgesamt viel umfassender und qualitativ besser als die Vorgaben der EN 71. Und zu guter Letzt: Die Spielzeugrichtlinie orientiert sich wohl mehr am "Verschlucken" während die führenden Öko Labels im Bereich Textil natürlich den Hautkontakt in den Vordergrund stellen. Das führt wiederum auch zu anderen Schwerpunkten bei der Gewichtung der zu untersuchenden Parameter und der Grenzwerte.

In einer 2008 in Hessen durchgeführte Untersuchungen an Spielzeug wurden folgende Ergebnisse
(ausgewählt, nur für Schwermetalle) festgestellt:


  • 461 verschiedene Spielzeuge wurden untersucht
  • 46 Spielzeugen waren in einer Erstuntersuchung auffällig
  • für die 46 Spielzeuge mit Anfangsverdacht wurden 97 chemische Analysen durchgeführt
  • bei drei der 46 analysierten Spielzeuge wurde eine Grenzwertüberschreitung nach DIN EN 71-3 für das Element Blei ermittelt,
  • bei einer Probe wurde ein zu hoher Bariumgehalt ermittelt.


 Eine aus dem Jahr 2009 vorliegende weiter Untersuchung bestätigte diese Ergebnisse, Belastungen mit Schwermetallen traten in der Größenordnung von 0,5 % bis 1 % auf. Es wurden drei Spielzeuge mit erheblichen Belastungen für die Parameter Blei und Chrom gefunden.

Weit mehr Beanstandungen kamen übrigens aus den Bereichen Kennzeichnungspflicht, Warnhinweise und vor allem dem Nichtbestehen der mechanischen Kriterien, also Zugfestigkeit etc.

Ein Spielzeugverbot wegen erhöhter Konzentrationen von Selen oder Barium in einem für die Produktion des Spielzeuges verwendeten Stoffes ist mir bisher nicht bekannt. (Falls jemandem so ein Fall bekannt ist...bitte um Mail!!!)

Fazit:

Ich würde nach jetzigem Sachstand Stoffe mit den oben genannten Labels verwenden.

Wer 100% auf die sichere Seite gehen will, schickt mir eine Stoffprobe die ich mit einem mobilen Gerät auf alle relevanten Schwermetalle untersuchen kann (Kosten werden bei etwa 12,-- pro Stoffprobe liegen) , allerdings ist diese Untersuchung nicht genau nach der EN 71.----
Die Bewertung hinsichtlich der Verwendung ist aber ausreichend. Manchmal hilft auch ein Telefonat oder Recherchen in meinen bereits durchgeführten chemischen Untersuchungen.

Ich werde hier im Blog demnächst eine Liste aller relevanten Stoffzertifizieungen gegenüberstellen damit eindeutiger bewertet werden kann.

Secondhandware ist immer besser als Neuware, also den Stoff waschen bevor er verarbeitet wird. Ich werd hier eine Waschanleitung schreiben mit der möglichst viel relevante Stoffe entfernt werden (aber der Stoff noch erhalten bleibt).

Dann bitte ich noch um Entschuldigung für diesen verspäteten Post....ich muss im Moment einfach zu viel lesen.